Selen – Wichtig bei diesen 2 Ernährungsformen

Das essenzielle Spurenelement hat eine große Bedeutung für die Gesundheit der Schilddrüse, das Gehirn und die Fruchtbarkeit. Es befindet sich in der Erde, der Gehalt schwankt jedoch sehr stark je nach Land und Region. Es kann deshalb in einigen Regionen der Welt zu Mangelerscheinungen kommen. Warum die Versorgung in Europa teilweise unzureichend sein kann und bei welcher Ernährungsform du besonders aufpassen solltest, erfährst du hier. 

Funktion

Antioxidative Wirkung

Selen gilt als gesund, da es dabei hilft, schädliche Substanzen im Körper zu harmloseren Formen umzuwandeln. Es ist jedoch nicht richtig, es direkt als „Antioxidans“ zu bezeichnen, weil es nicht sofort mit Dingen im Körper reagiert, so wie es z.B. bei Vitamin C der Fall ist. Die schützende Wirkung des Spurenelements tritt erst nach der Aufnahme/Verwertung ein.

Bedeutung von Selen für Schilddrüse

Selen hilft, im Körper wichtige Schutzstoffe zu bilden, die besonders für die Schilddrüse wichtig sind. Bei der Bildung der Schilddrüsenhormone entstehen „Peroxide“. Diese sind in kleinen Mengen nützlich, zu viele schaden jedoch. Die gebildeten Schutzstoffe sorgen dafür, dass übermäßige Peroxide neutralisiert werden.

Selen im Essen – welche Lebensmitteln?

Der Bedarf lässt sich über die Ernährung gewährleisten, jedoch enthalten die europäischen Böden unterdurchschnittliche Mengen an Selen. Es kommt sowohl in pflanzlichen als auch tierischem Essen vor. Beim Ausschluss tierischer Nahrung erhöht sich jedoch das Risiko, einen Mangel zu entwickeln [1], denn Tiere erhalten in konventioneller Haltung häufig eine Anreicherung.

Herkunft der Nahrungsmittel

  • Arme Böden: China (Gebiete von Nordosten bis Südwesten), Finnland, Neuseeland
  • Reiche Böden: Nordamerika, bestimmte Regionen Chinas
  • EuropaUnterdurchschnittliche Bodenanreicherung mit großen regionalen Unterschieden

Fun-Fact: Aufgrund der Selen-armen Böden reichert Finnland beispielsweise den Dünger an, um die Versorgung der Bevölkerung zu verbessern.

Tierische Lebensmittel

Die Konzentration in tierischen Nahrungsmitteln hängt vom Gehalt im Futter (z.B. Anreicherung) ab. Tiere aus Biohaltung dürfen keine Zusätze im Futter erhalten. Der Gehalt schwankt also je nach Herkunft, Haltungsbedingungen und Futter/Zusätzen. Beim Ausschluss tierischer Lebensmittel steigt jedoch auch das Risiko, einen Mangel zu entwickeln. 

Pflanzliche Lebensmittel

Der Gehalt in Pflanzen ist von der Art der Pflanze und ebenfalls des Gehalts im Boden abhängig. Sogenannte Akkumulatoren reichern mehr des Spurenelements an. Zu diesen gehören Kreuzblütengewächse (z.B. Brokkoli, Blumenkohl) und Lauchgewächse (z.B. Knoblauch, Zwiebeln und Lauch). Die Anreicherung ist abhängig v. der Konzentration im Boden.

Paranüsse als Selen-Quelle?

Paranüsse reichern besonders viel an, wenn diese auf Selen-reichen Böden gewachsen ist. Der Gehalt im Boden kann jedoch auch innerhalb eines Landes stark schwanken. So kann die Versorgung über Paranüsse nur geschätzt werden. Als Nuss-Muß verzehrt ist die Aufnahme verbessert, da die Zellwände aufgebrochen sind. Aufgrund der erhöhten radioaktiven Strahlenbelastung wird jedoch empfohlen, nicht mehr als 2 Paranüsse pro Tag zu verzehren. Werden Paranüsse bei veganer/vegetarischer Ernährung als Quelle verwendet, empfiehlt sich dennoch eine regelmäßige Statusbestimmung.

Selenwert im Blut- Wie Versorgung sicherstellen?

Um die Versorgung zu sichern, empfiehlt sich eine Ernährung mit nährstoffdichten, sowie tierischen Lebensmitteln. Zusätzlich empfiehlt sich, den Status regelmäßig messen zu lassen. Der anzustrebende Wert im Blut liegt bei etwa 125 ug/l. Unter 100 ug/l ist eine leichte Supplementation mit Natriumselenit denkbar, unter 80 ug/l empfehlenswert. Bei einer Supplementation sollte bei 30 ug pro Tag gestartet werden und z.B. nach 3-4 Monaten eine Kontrollmessung gemacht werden, um die Supplementation ggf. anzupassen. Beachte, dass der Jodstatus (Urin) immer parallel bekannt sein sollte, da eine Selen-Supplementation bei einem Jodmangel gravierende Probleme nach sich ziehen kann. Die Behebung des Jodmangels hat hier eine größere Priorität (siehe Jod-Beitrag).

Bei welcher Ernährungsform wird Selen kritisch?

Je mehr tierische Lebensmittel ausgeschlossen werden, umso kritischer wird die Versorgung. Tierische Lebensmittel enthalten durchschnittlich höhere Mengen. In Deutschland ist der Selenstatus zusätzlich etwas niedriger im Vergleich zum internationalen Durchschnitt. Daher kann besonders bei vegetarischer/veganer Ernährung das Risiko eines Mangels erhöht sein.

Wie viel Selen pro Tag?

Der Selenbedarf pro Tag kann nur abgeschätzt werden. Die DGE empfiehlt Erwachsenen 60 μg/Tag aufzunehmen. Das obere Limit einer sicheren Zufuhr wird auf 255 μg/Tag geschätzt (EFSA), ist jedoch auch abhängig von der aufgenommenen Form.

Selenmangel: Folgen niedriger Aufnahme?

Bei einem Mangel kann es zu Organ-spezifischen Einschränkungen kommen, besonders der Schilddrüse, da diese auf die Schutzwirkung bei der Produktion von Schilddrüsenhormonen angewiesen ist. Weitere Folgen:

  • Gelenkschmerzen
  • Depressionen
  • Verringerte Bildung von Sexualhormonen
  • Verringerte Fruchtbarkeit
  • Verringerte Immunabwehr

Ein starker Mangel führt zur Keshan-Krankheit und Kaschin-Beck-Krankheit mit folgenden Symptomen:

  • Herzprobleme, -versagen, -vergrößerung, -schwäche, -rhytmusstörung
  • Blutdruckabfall
  • Gesichtsödeme
  • Bei Kindern: Gelenkschwellungen, Minderwuchs

Selen zu hoch – Nebenwirkungen möglich?

Ja, bei regelmäßiger Aufnahme von sehr hohen Mengen kann sich zu viel Selen im Körper anreichern. In Gebieten mit hoher Konzentration im Boden wurden bei Menschen mit Blutwerten von 800 ug/l bis 3.200 ug/l Symptome einer Selen-Vergiftung beobachtet [2]. Ab Werten von 200 ug/l Selen im Blut wird zu viel aufgenommen, das Risiko einer Toxizität ist erhöht. In Deutschland liegt der Durchschnittswert bei etwa 80 ug/l. Diese ist mit Symptomen wie Haarausfall, Abmagerung, Erblindung und Störungen des Nervensystems verbunden. In Deutschland wurden solche hohen Blutwerte nicht beobachtet, da die Versorgung im internationalen Vergleich unterdurchschnittlich ausfällt.

Zu beachten ist, dass bei einem Jodmangel Nebenwirkungen an der Schilddrüse auftreten können, wenn Selen supplementiert wird. In diesem Fall ist es besonders wichtig, auf die Jodzufuhr zu achten und einen guten Jodstatus zu gewährleisten (siehe Artikel Jod). In schwerwiegenden Fällen kann es zu einem Schilddrüsenversagen kommen, da der Jodmangel durch die Selen-Supplementation verstärkt werden kann.

Supplementation

Wie Selen einnehmen?

Vor der Einnahme ist eine Status-Messung sinnvoll, um die Notwendigkeit/Dosis zu bestimmen. Ein Serum-Wert zwischen 100-150 μg/l gilt als guter Versorgungszustand [3], jedoch wird in Deutschland nur etwa 80 μg/l durchschnittlich erreicht. Ab einem Wert von über 125 ug/l sind keine weiteren förderlichen Effekte bekannt [4].

Das BfR empfiehlt, nicht mehr als 30 ug pro Tag über Supplementation aufzunehmen. Dies ist ein guter Orientierungswert, falls nach einer Status-Erhebung ein Serum-Status von < 100 ug/l vorliegt. Die Menge kann nach regelmäßigen Kontroll-Messungen (z.B. 4 Monatsintervalle) angepasst werden. Vorzuziehen ist Natriumselenit. Selenomethionin (in höheren Mengen) steht im Verdacht, für Nebenwirkungen bei einer erhöhten Zufuhr verantwortlich zu sein.

Wann Selen einnehmen?

Die Einnahme ist sowohl vor als auch nach dem Essen möglich. Manche Menschen reagieren empfindlich bei der Einnahme von Mineralstoffen auf leerem Magen, dann kann die Einnahme nach der Mahlzeit sinnvoll sein.

Selen in der Schwangerschaft?

Die ausreichende Aufnahme in der Schwangerschaft sollte gewährleistet werden, da die Versorgung des Kindes vom Status der Mutter abhängt. Die Einnahme von Natriumselenit (30 ug/Tag) empfiehlt sich, wenn durch die Nahrung Werte kein guter Wert (100-150 ug/l) im Blut erreicht wird. Da Menschen unterschiedlich auf die Einnahme reagieren, empfiehlt sich eine Kontrollmessung nach 3 Monaten, um die Auswirkung der Einnahme abzuschätzen.

Selen bei Krebs?

Eine generelle Einnahme kann bei Krebs nicht empfohlen werden. Bei bereits hohen Ausgangswerten im Blut erhöht sich bei Supplementation das Risiko für Nebenwirkungen. Eine Studie aus Nordamerika (gute Versorgung) zeigte, dass die Supplementation bei Männern mit Prostatakrebs bei Steigerung der Dosis zu einer zunehmenden Sterberate führte [5]. Es ist davon auszugehen, dass bereits hohe Ausgangswerte vorlagen und eine Aufnahme über einen Normalwert (100-150ug/l) sich negativ auswirkt.

Gleichzeitig gibt es 2 Beobachtungsstudien, die zeigten, dass erniedrigte Werte im Blut zu einem niedrigeren 5-Jahres-Gesamtüberleben und 10-Jahres-Gesamtüberleben bei Brustkrebs führen [6, 7]. Zu beachten ist, dass Beobachtungsstudien keine hohe Beweiskraft haben.

Hochwertigere, randomisierte Studien deuten jedoch auch darauf hin, dass ein guter Blutwert den Verlauf der Erkrankung positiv beeinflussen könnte. Natriumselenit-Supplementation wirkte sich demnach bei Krebspatienten mit Lymphomen herzschützend aus und führte zu einem stärkeren Rückgang im Zuge einer Chemotherapie [8].

Innerhalb einer weiteren Studie erhielten Patientinnen mit Ovarialkarzinom über 3 Monate 200 ug Selen pro Tag und führte zu weniger Haarausfall, Blähungen, Bauchschmerzen, Müdigkeit und erhöhte die Anzahl an Immunzellen [9]. Eine weitere Studie beobachtete, dass die Einnahme sich bei Patienten mit Zervix- und Endometriumkarzinom und erniedrigten Blutwert positiv auswirkte. Durchfälle traten deutlich seltener auf und das Gesamtüberleben war etwas niedriger nach 10 Jahren (55,3% im Vergleich zu 42,7% ohne Selen) [10].

Weitere hochwertige, randomisierte Studien konnten folgende positive Effekte durch die Gabe (oral oder Injektion) feststellen:

  • Weniger Beschwerden während Bestrahlung [11]
  • Weniger Übelkeit/Müdigkeit bei verbesserter Nieren- und Leberfunktion [12]
  • Weniger Entzündungen im Mundraum bei [13]
  • Verbesserte Speicheldrüsenfunktion nach Radiojodtherapie [14]
  • Weniger extrazelluläres Wasser, Verbesserung Lymphödem [15]

Folgende Nebenwirkungen durch Selen wurden außerdem beobachtet:

  • Magendarm-Beschwerden, Schwindel [16]
  • Spröde Haare/Nägel, Knoblauch-Mundgeruch [17]

Zwischenfazit: Sowohl ein Mangel als auch eine Überdosierung kann negative Folgen haben. Vor der Einnahme sollte daher der Wert im Blut bestimmt werden und regelmäßig bei einer Einnahme kontrolliert werden.

Einnahme von Selen und Vitamin C

Innerhalb einer Studie wurde bei jungen Frauen beobachtet, dass die parallele Einnahme von Selen und Vitamin C die Aufnahme von Selen gänzlich verhinderte [18].

Fazit

In Europa liegt die Versorgung durchschnittlich etwas unterhalb des anzustrebenden Wertes. Bei Ausschluss tierischer Lebensmittel steigt das Risiko eines Mangels. Insgesamt lohnt sich jedoch die Erhebung des Status in Kombination mit der Erhebung des Jodstatus, um die Gesundheit der Schilddrüse zu erhalten. Eine konkrete Empfehlung einzelner Lebensmittel ist schwierig, da der Gehalt abhängig vom Boden oder der Supplementation der Tiere stark schwanken kann. Bei erniedrigten Werten ist eine Supplementation mit Natriumselenit vorzuziehen.

Diese Informationen sind nicht zur Selbstdiagnose geeignet, sondern lediglich als Bildungsmaterial zu verstehen. Die Informationen sind kein Ersatz für eine medizinische Behandlung oder als Aufforderung zu sehen, diese abzubrechen. Bei Erkrankungen bespreche deine Handlungsschritte mit einem geschulten Arzt oder Heilpraktiker, der sich in diesem Bereich spezialisiert hat oder lege ihm diese Informationen vor, um sie zu bewerten. 

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Quellen

[1] Dawczynski C, Weidauer T, Richert C, Schlattmann P, Dawczynski K, Kiehntopf M. Nutrient Intake and Nutrition Status in Vegetarians and Vegans in Comparison to Omnivores – the Nutritional Evaluation (NuEva) Study. Front Nutr. 2022;9:819106.

[2] National Research Council (US) Subcommittee on Selenium. Selenium in Nutrition: Revised Edition. Washington (DC): National Academies Press (US); 1983. 7, Effects of Excess Selenium. Available from: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK216723/#.

[3] Ivory K, Prieto E, Spinks C, Armah CN, Goldson AJ, Dainty JR, et al. Selenium supplementation has beneficial and detrimental effects on immunity to influenza vaccine in older adults. Clin Nutr. 2017;36:407-15.

[4] Schomburg L, Orho-Melander M, Struck J, Bergmann A, Melander O. Selenoprotein-P Deficiency Predicts Cardiovascular Disease and Death. Nutrients. 2019;11.

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